ME-CFS-Lyrik

 

Halbschatten

 

Als ich von heute auf Morgen
Alt wurde...
Mitten im Leben
Starb ich nicht

Meine Kraft reicht für die Tage nicht aus
So geht Tag um Tag
Aber ich leb noch


Lebendig
Diese Art von Leben

 

 

 

 

 

 


Ein freundliches Wort
Das von außen zu mir dringt

Ich nehme schon lange nicht mehr Teil
Am Rennen und Hetzen

Im Innenraum
Lebt mein Leben

Eine andere Bahn
Hat es genommen

Eine andere Form
Eine andere Gattung

Eine ohne Zeit
Im Vakuum

 

 

 

 

Du sagst: „Du siehst aber gut aus“.
Ja, mag sein
Für die eine Stunde
Das Spiel auf der Bühne
Bevor der Vorhang fällt
Zurück im leeren Zuschauerraum

 

 

 

ME-CFS bedeutet, je nach Schweregrad, ein gewisses Zeitkontingent für jeden Tag zu haben. Wird es doppelt verbraucht ist die Schuld am nächsten Tag zu begleichen. Manchmal erfordert das Leben mehr als das doppelte….dann sind es viele Tage.

 

 

Wenn morgens der Tag beginnt
Verschließe ich die Kalendertür


An diesem einen Tag
Nach dieser einen Nacht


Besteht mein Leben
Vom Aufgang der Sonne
Bis zu ihrem Niedergang

Mein Geist fokussiert
Auf diesen einen Lauf
Zwischen den Gezeiten

Großzügig übersehe ich die verflossenen Tage
Erhoffe Gnade für die folgenden

Mancher Nebel
Umschließt mich

Er kommt und geht
Ich tauche auf und ab
Trete hervor und zurück
Viele Male
Oftmals an einem einzigen Tag

Und ich lerne zu sein
Genau So.

 

 

 

 

Manchmal


Wenn nur das Herz schlägt
Und Hitze auf und nieder steigt
Manchmal
Dann nimmt Dämmerlicht
Mich mit auf ihren Wegen


Ich fliege über mein Leben
Und erkenne
Wer ich war zuvor
Und zuvor
Wird auch sein
Danach


Wenn Dämmerlicht
Mich mitnimmt
Auf ihren Wegen


Die Hand die im Sturm
Mich ergreift
Während alle Wogen meinen Körper
In die Tiefe ziehn.

 

 

 

 

Manchmal will ich hinaus
Will laufen, will rennen
Will rufen, will tanzen


Manchmal will das Leben etwas
Es kommt von außen und zerrt
Und zerrt an mir und zerrt an mir


Und wenn dann alle Türen sich schließen
Wohin ich mich drehe
Wohin ich mich wende
Kein einziges offenes Tor


Der Körper altert in Sekunden
Die Hände wissen nicht was tun
Die Worte verlieren sich
Schemenhaft verschwindet
Das was ich bin

 

Was bin ich…was bin ich…was ist ich…bin was….?

 

Manchmal hab ich das Gefühl


Als hätte meine Sanduhr angehalten
Mitten im Rieseln der Zeit
Meine Lebenskraft
Reicht für 4-5 Stunden am Tag
Alles andere sind Halbschatten
Das dämmrige Leben in die Nacht hinein
Wurde zu meinem Leben


Ich weiß kein anderes mehr.