Was Stress mit uns macht

 

Stress (engl. für Druck, Anspannung, Belastung, Beanspruchung‘; lat. stringere‚ anspannen‘) bezeichnet zum einen durch spezifische äußere Reize (Stressoren) hervorgerufene psychische und physische Reaktionen bei Lebewesen, die zur Bewältigung besonderer Anforderungen befähigen, und zum anderen die dadurch entstehende körperliche und geistige Beanspruchung bzw. gegebenenfalls (Über) Belastung.


Stress bedeutet, dass sich der Körper auf eine akute Gefahrensituation einstellt. Im Körper werden Adrenalin, Noradrenalin und Corticoide ausgeschüttet, Herzfrequenz und die Durchblutung steigen, Glukose wird freigesetzt, die Magendarmtätigkeit eingeschränkt und die Blutgerinnung beschleunigt. Auch das Immunsystem fährt etwas herunter, um Energie zu sparen. Der Körper ist auf Aktivität, eine Flucht- oder Kampfsituation vorbereitet. Nur erfolgt diese in der modernen Arbeitswelt zumeist nicht.


Ein Tunnelblick entsteht – die Wahrnehmung ist eingeschränkt und nur auf die Stresssituation fokussiert. Soziale Kompetenzen sind unter Stress stark herabgesetzt.

Quellen: Artikel Amygdala: http://www.praxis-institut.de/fileadmin/Redakteure/Downloads/2010_RKW-Magazin_Artikel_Schwing.pdf und https://de.wikipedia.org/wiki/Stress

 

 


Das Gehirn wittert Gefahr... und aktiviert die Amygdala. Diese ist wesentlich an der Angstempfindung bzw. Angstentstehung beteiligt.
Als Resultat dieser Hormonaktivitäten steigert sich die Herzfrequenz und erhöht sich der Blutdruck. Mehr Blut wird in die Muskeln gelenkt, wiederum als Vorbereitung zum Kämpfen oder Fliehen, im Englischen spricht man von 'fight or flight response'. Beim Gegenteil, einer Versteinerungsreaktion - engl. 'freeze' - wird sowohl der Blutdruck als auch die Herzfrequenz gesenkt.


Der Körper ist sehr intelligent. Er weiß was zu tun ist in einer temporären Krise. Aber solch eine Lösung, die den ganzen Körper quasi zur Hochform treibt, sollte nur kurze Zeit dauern. Wenn Stress-Reaktionen über längere Zeit anhalten, immer wieder erneuert, sogar chronisch werden, dann drehen sich die ursprünglich schützenden Aktivitäten ins Gegenteil; sie schaden dem Körper. Deshalb ist es äußerst wichtig Stress und seine Symptome am eigenen Körper zu erkennen und Mittel zu finden ihn zu reduzieren.


Quelle: Artikel Amygdala: http://www.praxis-institut.de/fileadmin/Redakteure/Downloads/2010_RKW-Magazin_Artikel_Schwing.pdf


Stress wird erst dann negativ empfunden, wenn er häufig oder dauerhaft auftritt und körperlich und/oder psychisch nicht kompensiert werden kann und deshalb als unangenehm, bedrohlich oder überfordernd gewertet wird.

 


Die Welt um uns herum erfordert aber immer mehr Komplexität. In der Arbeitswelt, beim Spagat zwischen Kindererziehung oder die Pflege eines älteren oder kranken Angehörigen. Existenzsicherung, Umweltgifte, politische Entwicklungen oder unklare spirituelle Verortung – lassen die Welt ins Wanken geraten.

 


Gerade auch der chronisch Erkrankte erfährt einen kompletten Umbruch in seinem eigenen Leben. Seine bisherige Welt gerät aus der alten Ordnung, er muss für sich neue Regeln lernen und integrieren. Vom Leben als Patient, möglicherweise auf Hilfe angewiesen, in Krankenhaushierarchien, in Beziehungen, im Rahmen seiner Lebensführung, in dem wie er sich sein Leben vorgestellt hat, was bisher an Zielen ihn motiviert hat. Während ihm jedoch zunehmend die Ressourcen zur Bewältigung der neuen Anforderungen abgehen, erfordert das Leben von ihm immer komplexere Entscheidungen.

 

 

 

 

Nach Antonovskys Überlegungen sind aber insbesondere drei Komponenten wesentlich:

 

 

  • Gefühl von Verstehbarkeit
  • Gefühl der Handhabbarkeit bzw. Bewältigbarkeit (ausreichende Ressourcen sind vorhanden…)
  • Gefühl von Sinnhaftigkeit und Bedeutsamkeit

Die salutogenetische Sicht stellt das Entstehen (griech. genesis) von Gesundheit
(lat. salus) in den Mittelpunkt. Demnach sind Menschen psychisch gesund, wenn sie ein
hohes Maß an Kohärenzsinn entwickelt haben. Dieser bezeichnet eine grundlegende
Lebenseinstellung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß jemand ein Gefühl von Zuversicht
hat, dass sich die Situation so gut entwickelt, wie vernünftigerweise zu erwarten ist.
(Antonovsky & Franke, 1997).

 

Mangelnde Ressourcen zur Bewältigung von Lebensaufgaben können jedoch sein:

 

 

  • Bedrohung existenzieller Bedürfnisse von einem Selbst oder nahestehenden Personen (nach Sicherheit, Nahrung) – Existenz und Verlustängste…tatsächliche oder gefühlte….
  • Erkrankungen, Einschränkungen durch Medikamente
  • Der Energiehaushalt des Stoffwechsels
  • Zuwenig oder zu einseitige Informationen
  • Eingeschränkte Gestaltungsmöglichkeiten
  • Unverarbeitete, bzw. nicht integrierte Anteile traumatischer Erfahrungen
  • Erlernte Glaubenssätze
  • Fehlende Sinnhaftigkeit und Verortung
  • Überforderung durch das Gefühl von Ohnmacht und Unkontrollierbarkeit – fehlende Bewältigungsstrategien (subjektiv wie objektiv)
  • Das Gefühl eine Situation ist oder scheint nicht mehr bewältigbar. (Schuldenabbau, Erhalt der Existenz trotz permanenten Verlust körperlicher Kräfte...mehrere innere Ziele die kollidieren...(tu ich das eine - gefährde ich das andere...es reicht nicht (Arbeitsstelle, Betreuung einer weiteren Person oder sonstige Anforderungen)..es ist nie genug.

....und so wird aus einem Leben mit anregenden oder bewältigbaren Beanspruchungen plötzlich oder schleichend eine Belastung, die ab einer gewissen Dauer zur chronischen Überlastung führt!....

 


Je weniger Bewältigungsstrategien uns dann zur Verfügung stehen umso ausgelieferter und ohnmächtiger fühlen wir uns. Das Stresshormon Cortisol wird ausgeschüttet und beeinflusst unsere Hirnstrukturen! Durch die eingeengte Wahrnehmung wird eine differenzierte Lagebeurteilung stark eingeschränkt.
Je gehäufter diese Situationen auftreten umso stärker die Stresssymptome und so kleiner wird die Krisenkompetenz.

Daher ist es so wichtig Ressourcen zu entwickeln und permanent anzupassen - so dass der Vagusnerv - und die Amygdala zur "Ruhe" kommen und wieder "Vertrauen" fassen - in die Bewältigkeitbar.

 

Krankheitsmanagement und eine angepasste Lebensführung ist quasi das A und O beim Leben mit ME/CFS  

 

Sich „mögliche“ Ziele setzen aber nicht über die eigenen Grenzen hinausgehen – diesen Balanceakt im Alltag finden und im besten Fall in der Reha oder ähnliches beigebracht und praktiziert bekommen – was allerdings noch ein etwas längerer Weg ist.

Dabei ist der Begriff – des Pacing – in der Long-Covid-Behandlung (zumindest theoretisch) längst angekommen:

Ansonsten tuen sich Medizinner/innen und das Gesundheitssystem schwer damit:

…dass Pacing – n i c h t – Symtomverstärkung durch Rückzug ist…sondern der achtsame Weg – im Umgang mit den vorhandenen Möglichkeiten – das heißt hier unter der Berücksichtigung des Hauptsymptomes von ME/CFS  - Zustandsverschlechterung nach Belastung - Und die Reaktionen des Abbaus können bis zu 48 Stunden Zeitverzögert erfolgen - um eben n i c h t in einen Crash zu fallen – der einen auf Monate oder länger zurückwirft sondern langfristig – dem Körper und dem Menschen die entsprechende Zeit lässt – die er braucht!  Im Sinne der Vermeidung ein Post-Exertional-Malaise, PEM, PESE u.a.

Hierzu weißt longcovid Deutschland auf ein Papier für Physio hin: „Wie Sie mit Ihrem Physiotherapeuten/Ihrer Physiotherapeutin das Pacing anwenden“

Mehr dazu unter: longcoviddeutschland.org/betroffene

world.physio/sites/default/files/2021-09/WPTD2021-InfoSheet3-Fatigue-and-PESE-German-v1.pdf

 

 

Wie erkenne ich rechtzeitig Stresssymptome?

 

Wie sehr würde ich mir wünschen, dass dies schon frühzeitig in den Schulen gelehrt wird! Auch aber nicht nur zur Vorbeugung von Erkrankungen - sondern auch weil durch diesen Zugang zu sich selbst und seinen Körper das innere Gleichgewicht gefördert wird - der natürliche Impuls kreativ mit und nicht gegen sich Selbst und die Schöpfung zu agieren.

 


Typische Stresssymptome

 

  • Körperliche Symptome: feuchte Hände, Blässe, Puls, Verdauungsstörungen,
    Verkrampfung, Verspannung, Schlappheit oder Überdrehtheit, veränderte Atmung, Muskelverspannungen, Kopfschmerzen, Magenprobleme, Rückenbeschwerden, Appetitschwankungen, häufige Infekte, Zittern
  • Kognitive Symptome: Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisprobleme,
    Probleme bei der Entscheidungsfindung, schnell abgelenkt, unablässiges Denken, Brainfog, Ratlosigkeit
  • Affektive Symptome: Reizbarkeit, Niedergeschlagenheit, Depressivität, Angst,
    Nervosität, Gedanken die angreifen, verteidigen, beurteilen oder verurteilen, Hoffnungslosigkeit
  • Soziale (Verhaltens-)Symptome: erhöhter Konsum und Missbrauch von Drogen, Alkohol, Medikamente, Tabak, ungesunde Ernährung, destruktives Verhalten, aggressives Verhalten, Schlafstörungen, pessimistische Grundhaltung, Gefühl von Hilflosigkeit und Überforderung, Stimmungsschwankungen, Einschränkung der Freundschaftspflege, innerlicher Rückzug....

 

 

 

 

Während die Möglichkeit äußere Stressoren zu verändern oftmals nur zum Teil oder in der Zeit versetzt möglich sind, eröffnet der Ausbau innerer Stressregulationen noch Möglichkeiten und Spielraum.

 

 

Was kann hilfreich sein um den eigenen Spielraum mit dem Umgang von Herausforderungen zu erweitern:

 

  • Akut – Abstand zur Situation finden….damit sich das innere System beruhigen und der Geist sich wieder öffnen kann (unter Stressflutungen werden viele Hirnareale ausgeblendet die aber für die Lösung der Situation erforderlich wären) für neue Informationen und Impulse.

  • Wahrnehmung des eigenen Körpers, Möglichkeiten ihn zu unterstützen in dem was er braucht, so gut es geht dies mit der Umgebung kommunizieren.

  • Um Unterstützung bitten

  • Langfristig für sich geeignete Entspannungs-Methoden finden – sie in den Alltag verankern um chronische Verspannungen abzubauen und im Krisenfall sie schneller aktivieren zu können.
    Anmerkung: ……Sportler zum Beispiel trainieren das Hochfahren und Zurückfahren der benötigten Kräfte, gerade dieser lebensnotwendige Mechanismus ist aber bei cfs aus dem Ruder gelaufen: …also in ruhigeren Zeiten, nach geeigneten Methode suchen und sie in die Routine des Tagesablaufes fest integrieren.

  • Effektiven Umgang aber auch Ausdruck von Ärger lernen: ....wie ist er entstanden, welches Bedürfnis liegt eigentlich zugrunde und wie kann ich das äußern. Konfliktlösungen, Gelassenheitsübungen aber auch Gewaltfreie Kommunikation (oftmals führen sprachliche Missverständnisse zu unnötigem Ärger…es kann spannend sein die Abläufe der Kommunikation (mit Ärzten, Angehörigen, Freunden, Partner, Kinder…) sich einmal unter diesem Aspekt anzusehen…sehr erhellende Hinweise dazu in: "Gewaltfreie Kommunikation" nach Rosenberg. Mir auch sehr hilfreich ist die Methode des Focusing nach Eugene T. Gendlin.

  • Langfristiger Stress aber auch kurze Schockmomente (Medizinische Untersuchungen oder Unfälle auch) verfestigen sich im Gewebe und in der Muskulatur. Auch den Körper in Entspannungsübungen mit einbeziehen. (Cranio-Sacrale und Osteopathie habe ich da als sehr hilfreich erlebt) - (auch "neurogenes Zittern" nach Bercelli oder Körperübungen nach Peter Levine - aber zu Beginn vielleicht eher mit Hilfe eines erfahrenen Therapeuten/in)

  • Eigene Grenzen erkennen, sich auch zugestehen und nach außen verständlich kommunizieren.

 

  • Beobachtung und Erkennen der eigenen Denkmuster: 
    Es gibt Denkmuster wie „Ich möchte alles möglichst perfekt machen“ oder „Ich will die anderen nicht enttäuschen“ oder „Ich finde es schlimm, wenn die Dinge anders sind, als ich es gerne hätte“, die den Stress am Leben halten können. Auch Denkmuster die früher vielleicht hilfreich und nützlich waren aber jetzt der Lebenssituation nicht mehr angemessen sind. Das sind dauerhafte Stressantreiber, der Körper und Geist kommt nicht zu Ruhe, selbst wenn er ruht. Umstellungsmöglichkeiten auf konstruktivere Denkmuster finden.

  • Realistische Zielsetzungen
    Über- wie Unterforderung ist weder für den Gesunden und erst Recht nicht für erkrankte Menschen hilfreich. Für sich attraktive Ziele setzen, in Etappen einteilen – die eigenen Lebenssituation so realitätsnah wie möglich verorten, eigene Ziele hinterfragen und bei Bedarf und Notwendigkeit anpassen. (Coping und Pacing mehr dazu in: Schriftenreihen von Fatigatio - zum Beispiel: "Zehn Strategien für einen besseren Umgang mit cfs" (hilft auch in anderen Lebenslagen) nach Bruce F.Campbell oder "Pacing: Aktivität und Ruhe in Balance bringen"

  • Welche Haltung ist hilfreich für Situationen die akut nicht veränderbar sind?

  • Konzentration auf das was Veränderbar und Optimierbar ist oder wenn das nicht geht...das "durchsurven" durch kritische Situationen...

  • Sich hilfreiche Strukturen entwickeln im Rahmen des Möglichen...im Notfall sich zumindest geistig den Raum schaffen für notwendige Veränderungen (Notfallplan bzw. der sogenannte Notfallkoffer - (was hilft in Akutsituationen am Schnellsten zur Beruhigung...ein bestimmt Musik? Ein bestimmter Text..evt. auf CD. Ein bestimmter Mensch...) - Notfallplan...wird Versorgung benötigt...gibt es jemand der nachfragt, ist fürs Essen gesorgt...)


  • Eine mentale Haltung entwickeln auch kritische Zeiten halbwegs gut durchzustehen

 

  • Wo und von Wem kann ich hilfreiche Unterstützung bekommen?

  • Neue Kraftquellen und Ressourcen entdecken und ausbauen. (Stabile Zeiten dafür nützen) (Um den Focus von dem "was nicht geht" oder "nicht gut geht" auch auf die Erfahrung zu richten aber das "geht" und es hellt die Psyche auf, was wiederum sehr gut für den Abbau von Stresshormonen ist.

  • Aber auch einen persönlichen Umgang finden mit Vergänglichkeit, Verlusten, Trauer und Barmherzigkeit mit der eigenen Verletzlichkeit finden. (Schöne Texte dazu bei dem Autor Stephen Levine zu finden)

 

 

 

 

Ach, was ich mir wünschen würde!

 

Das Selbst enthält die ganze Schöpfung im Keim;

diese zu ehren, zu (be)achten

beim Anderen zu entdecken

diese zu ehren, zu (be)achten

uns als Teil der Natur zu empfinden

diese zu ehren und zu (be)achten

 

Wenn all das doch in unserer Arbeitswelt, unseren Konsum, unserer Produktion, unserer Erziehung, unseren Umgang mit uns Selbst, der Natur, unseren Umgang untereinander einfließen könnte............

 

 

 

 

Quellen: Das Stressfreie Gehirn von Don Joseph Geowey.
http://www.mentalmed.de/blog/archives/63-10-Empfehlungen-zum-Umgang-mit-Stress.html
www.rkw-magazin.de
http://www.bug-nrw.de/cms/upload/pdf/entwicklung/Antonowski.pdf
http://www.dana.org/uploadedFiles/The_Dana_Alliances/European_Dana_Alliance_for_the_Brain/otherpublications-stress_de.pdf
http://alexanderexperte.ch/blog/medizin/stressreaktion-im-koerper
http://www.mentalmed.de/blog/archives/63-10-Empfehlungen-zum-Umgang-mit-Stress.html
www.rkw-magazin.de