ME/CFS - im Fadenkreuz von Politik - Medizin - Gesundheitspolitik - Willen und Umsetzung

Politische Wege zu evidenzbasierten Gesundheitsinformationen – und ab wann wird politisches Handeln eigentlich konkret in der Umsetzung?!

 

ME/CFS – LongCovid und auch PostVac, der lange Weg zur medizinischen und sozialen Teilhabe!

 
Am Beispiel eines Auftrages des Bundesgesundheitsministeriums an das IGWiG
Was ist das IGWiG
Das ist eine Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Ihr Zweck ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung.
Wer finanziert das IQWiG?
Finanziert wird das IQWiG durch Zuschläge für stationäre und ambulante medizinische Behandlungen, also letztlich aus den Beiträgen der Mitglieder aller Gesetzlichen Krankenversicherungen ( GKV ). Die Höhe der Zuschläge legt der G-BA jährlich fest.
Wer beauftragt das IQWiG?

Aufträge darf das IQWiG ausschließlich vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) oder vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) annehmen.

 

Was ist der gemeinsame Bundesausschuss:

G-BA ist das oberste Beschlussgremium der sogenannten Selbstverwaltung im Gesundheitswesen und entscheidet zum Beispiel darüber, welche medizinischen Leistungen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.

Entscheidet das IQWiG über Kassenleistungen?

Nein. Das Institut erstellt Gutachten in Form von Berichten über den Nutzen und den Schaden von medizinischen Maßnahmen für Patient*innen. Über die Vorteile und Nachteile von Untersuchungs- und Behandlungsverfahren informieren sie in Form von wissenschaftlichen Berichten und allgemein verständlichen Gesundheitsinformationen für die Bevölkerung. Es geht ihnen um Qualität und Wirtschaftlichkeit.

Sofern die Gutachten vom G-BA in Auftrag gegeben wurden, enthalten sie als Fazit eine Empfehlung an den G-BA, ob ein (Zusatz-)Nutzen vorhanden ist. Darüber hinaus kann das Institut auch den Auftrag erhalten zu prüfen, ob dieser Zusatznutzen die Kosten rechtfertigt, und dazu ebenfalls eine Empfehlung an den G-BA abgeben.

Das IQWiG trifft dann aber nicht die Entscheidung, ob die Kosten einer Leistung von den Krankenkassen erstattet werden. Das entscheidet allein der G-BA.

Wie kam es nun dazu dass, das IGWig sich mit ME/CFS beschäftigt hat?!

 

Viel Networking verschiedener Pat. Vereine – dann:

2020 = Runden Tisch – mit dem BGM und dem BMBF

2021 = In Auftrag gegebene „Aufarbeitung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu ME/CFS – und zwar „unter Einbindung der Betroffenenverbände“.

  • Es wurde zugesichert: „den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zu ME/CFS unter Einbindung auch der Betroffenenverbände aufzuarbeiten“.

 

Doch entgegen der Zusage verweigerte das IQWiG eine feste Beteiligung von Patientenorganisationen. Sie konnten sich lediglich, wie jede Person, am regulären Stellungnahmeverfahren in Form von Reaktionen auf bereits erstellte Texte beteiligen.

Was dann innerhalb sehr kurzer Zeit nur möglich war, als der Vorbericht veröffentlicht wurde!

 

  • Auch die ME/CFS-Expert*innen wurden nicht wie vereinbart fest einbezogen.
    Außer Frau Dr. Scheibenbogen waren weitere Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen hinzugezogen worden – mit kaum Wissen zu ME/CFS – (wie in der Müdigkeitsleit. auch)

 

Und so zeichnete sich bereits im Vorbericht ab, dass weiterhin an alte Denkmuster angeknüpft werden sollten. Die Patientenvereine hatten dann sehr wenig Zeit (wenig Barrierefrei) um mit ihren Stellungnahmen, beim IQWiG noch zu erreichen - dass es wenigstens an manchen Stellen zu Anpassungen kam.

Wie zum Beispiel u.a. hier im Bericht von Fatiatio e.V. und der Stiftung Lost Voices:

https://www.fatigatio.de/fileadmin/Projects/07_fatigatio/user_upload/news_import_fatigatio/2023.06.30_Gemeinsame-Stellungnahme_IQWiG_2023.pdf

 

Dann die endgültige Veröffentlichung des IQWiG Berichtes 2023 

Insgesamt kann die gegenwärtige medizinische Versorgungssituation von Patienten mit ME/CFS in Deutschland als problematisch bewertet werden und es gäbe lediglich zwei auf ME/CFS spezialisierte Hochschulambulanzen“….(?!) (Also…eine Erkenntnis nach drei Jahren – und damit weiteren drei Jahren in denen auf diese „Information“ gewartet wurde um dann weiter zu diskutieren (in den Ausschüssen und Anhörungen) ob…es Handlungsbedarf gäbe!

Für Menschen in den anderen Bundesländern stehen derzeit keine spezialisierten
Ambulanzen/Zentren zur Verfügung. (Tja, und wer ist jetzt zuständig die einzelnen Bundesländer zu aktivieren?! (Wahrscheinlich jeder einzelne kleine regionale Selbsthilfegruppe, bestehend aus Erkrankten mit PEM – und auch hier ein Prozess auf Jahre)

https://www.iqwig.de/download/n21-01_me-cfs-aktueller-kenntnisstand_abschlussbericht_v1-0.pdf


Das IGWiG stellte fest:

 

  • Es ist anzunehmen, dass in Deutschland primär Hausärzte mit an ME/CFS - erkrankten Personen in Kontakt sind + …es existiert keine eigene mediz.Leitlinie (O.K…und jetzt?!)

  • Es wird sogar erkannt – dass erkrankte Kinder undJugendliche einen besonderen Bedarf haben – und ihre Versorgung derzeit problematisch sei.

  • Sie stellten auch fest:…“die klinische Relevanz der meisten Aktivierungseffekte bleibt fraglich.“ (Warum ist es dann das Hauptsächliche, dass die Krankenkasse finanziert – aufgrund der Entscheidungen der G-BA)

  • Die in den Studien erhobenen Daten seien jedenfalls nicht aussagekräftig genug, um einen Nachteil durch schwerwiegende Nebenwirkungen der GET auszuschließen. Daher ist eine verlässliche Abwägung von Nutzen und Schaden der GET für leicht bis moderat Erkrankte derzeit nicht möglich. Für Patientinnen und Patienten mit höherem ME/CFS-Schweregrad gibt es auch hier keine geeigneten Studiendaten.


(Spätestens seit der EU-Resolution ist das jedoch auch nichts Neues)


Zwar wird PEM anerkannt und benannt – und es kann auch „kein Nutzen“ von Aktivierung (GET) erkannt werden – fordert aber weitere Studien (!)

Wie sollen diese Aussehen bei einer Erkrankung mit dem hauptsächlichen Symptom der Zustandsverschlechterung auch nach geringfügiger Belastung?!


Hierzu die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS:


"Aufgrund der Leitsymptomatik von ME/CFS, der Post-Exertional Malaise, sind weitere Studien zu GET, wie vom IQWiG zur Klärung gefordert, aufgrund des massiven Schadenspotentials für ME/CFS-Erkrankte unethisch und dürfen nicht durchgeführt werden."

Alles dazu im Statement der deutschen Gesellschaft für ME/CFS

https://www.mecfs.de/statement-zum-me-cfs-abschlussbericht-des-iqwig

 

Bei den Kindern und Jugendlichen wir zumindest darauf verwiesen dass:

 

  • Entscheidend ist, dass Lehrerinnen und Lehrer gut über die Krankheit informiert sind. Nur so können sie die schulischen Anforderungen an die Bedürfnisse und Belastungsfähigkeit des Kindes oder Jugendlichen anpassen. Dazu zählt zum Beispiel die Rücksichtnahme beim Sportunterricht, denn zu starke körperliche Anstrengung kann die Beschwerden verstärken. Manchmal kann es auch sinnvoll sein, das Kind ganz vom Sportunterricht zu befreien, den Stundenplan flexibel zu gestalten und einen Ruheraum anzubieten. (Also die Umsetzung der Teilhabe und Inklusion durch auch für chronisch Erkrankte möglichen Nachteilsausgleiche.)

 

Trotzdem wird zum Hausarzt geschickt…wider bessere Wissen – das ihm das Wissen(und das Verständnis oft) fehlt!

Warum übernimmt dann der Staat nicht die Verantwortung durch eine größere Kampagne die Schulämter und beteiligen Institutionen hierüber zu informieren bzw. fordert die einzelnen Bundesländer dazu auf?!

 

Aus dem IGWiG – ergeben sich die "evidenzbasierten Gesundheitsinformationen“ für die Bevölkerung (zu denen hoffentlich auch Ärzte gehören)


Mediziner lassen sich jedoch nur ungern von der Politik oder den Patienten etwas sagen…aber auch wenn die Gesundheitsinfos – noch „Nachbesserungsbedarf“ haben – lässt sich zumindest argumentativ etwas ableiten – was man so nicht mehr komplett (von Ärzten, Behörden oder Krankenkassen) negieren können sollte.

https://www.gesundheitsinformation.de/mecfs-myalgische-enzephalomyelitis-chronisches-fatigue-syndrom.html

 

So bleibt zu hoffen:

 

  • dass ein (Haus)Arzt imstande ist, die verschiedenen Erkrankungen, die von Fatigue begleitet werden können, unterscheiden kann.

  • Dass er Impffolgen gegenüber offen ist und an entsprechende Fachärzte verweist, wenn er eine postvirale Erkrankung nicht ausschließen kann.

  • Dass er die Kanadischen Konsenskriterien kennt oder sich bei der Berliner Charité mit weiteren Informationen versorgt.

  • Dass er POTS und PEM – kennt, dass ihm die Auswirkungen von Dysautonomien bekannt sind und orthostatische Intoleranz mit seinen Folgen – kein Fremdwort ist!

  • So, dass er Unterscheiden kann zwischen Depression mit Antriebsstörung und ME/CFS mit Postexertionaler Malaise oder zwischen Angst-und Panikattacken und dem Kollabieren aufgrund der Belastungsintoleranz…was schon das Warten im Wartezimmer eines Arztes oder das längere Sprechen oder Sitzen ausgleichen kann.

  • Dass er bereit ist mit Hilfsmitteln zu unterstützen – und Menschen mit ME/CFS nicht in psychosomatische Rehas schickt oder gar ihrer Rehafähigkeit falsch einschätzt.

 

Und wenn nicht…so bleibt die Frage - wohin kann der Patient sich wenden – auch in Sachen:

 

Fehldiagnosen und Fehlbehandlung!


Was man „Nutzen“ könnte:

Einteilung der Schweregrade, mögliche (virale)Ursachen und Folgen von ME/CFS, PEM (Postexertional Malaise) wird dort auch erläutert in seinen unterschiedlichen Schwereformen und Ausprägungen.

Kennt der Begutachter in Sachen Rente, Pflege, Schwerbhinderung das aber auch? Wurden hierzu die Fragebögen geändert?

...und in Sachen Rehabilitation


steht da:

…“Wichtig ist, ein Reha-Angebot zu finden, das zu den eigenen Bedürfnissen passt und auf die Erkrankung ME/CFS zugeschnitten ist. Bisher gibt es keinen Überblick, wer in Deutschland eine solche Reha anbietet."

"Ungeeignete Reha-Maßnahmen können die Beschwerden noch verstärken.“ (steht dort genau so)

(Heißt das, man könnte jetzt auch eine Einrichtung ablehnen oder eine Reha abbrechen ohne dass einem fehlende Mitwirkung vorgeworfen wird)

Bei den aus den IGWiG abgeleiteten Gesundheitsinformationen für die Bürger, steht u.a.:


https://www.gesundheitsinformation.de/mecfs-myalgische-enzephalomyelitis-chronisches-fatigue-syndrom.html


Mögliche Hilfen im Alltag sind:
  • Barrierefreie Gestaltung der Wohnung
  • Hilfsmittel wie Rollstühle oder Gehhilfen
  • Ärztliche Hausbesuche oder Krankentransporte und pflegerische Unterstützung


Und auch:

  • Haushaltshilfen
  • Erwerbsminderungsrente
  • Unterstützung bei der Kinderbetreuung
    Nachteilsausgleich für Schule, Ausbildung und Studium


Erklärungen zu PEM:



Schon leichte Aktivitäten können Beschwerden verstärken (Spaziergänge, Gespräche, Duschen, Essen, Anziehen…)

Wichtig ist es, Aktivitäten an die eigene Belastbarkeit anzupassen

Und PEM tritt z.T. zeitverszögert auf – bis zu 1-2 Tage danach und kann Tage oder Wochen anhalten



Warum wird also nicht die Basis geschaffen für:

 

  • Gutachter und Behörden die Erkrankung besser einordnen zu können – damit es überhaupt zu Versorgungsleistungen kommen kann

  • Berücksichtigung von PEM bei der Reha und der Finanzierung der Krankenkassen von niedrigeren Formen der Aktivierens – auch passiver Art oder Hausbesuche von Ergos usw.

  • Krankenkassen dazu angehalten werden, Hilfsmittel auch zu genehmigen?!

Es gibt ein weiteres Portal des BMG - Gesund.Bund.de hier sollen „verlässliche Gesundheitsinformationen zu Krankheiten, Vorbeugung, Pflege und Gesundheit…“ für die Bevölkerung stehen - und hier hier steht bereits im Februar 2023 und Geprüft durch die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN) und Deutsche Hirnstiftung e.V. (DHS). Stand: 28.02.2023
  • „das chronische Fatigue-Syndrom keine psychische Störung im eigentlichen Sinne ist, sondern eine körperliche Erkrankung.“
https://gesund.bund.de/chronisches-fatigue-syndrom#quellen

(Wo kann man das melden, wenn der Arzt das nicht so sieht? Was macht die Politik dass das auch die Medizin so sieht?!)

Und dass es charakteristisch sei:

„dass sich die Symptome am Folgetag nach einer Anstrengung verschlechtern. Mediziner*innen sprechen dann von postexertioneller Malaise (PEM)
Diese kann Tage bis Wochen anhalten.

Und auch (!)

Auslöser, die infrage kommen können:

• Virus-Infektionen
• Immunsystem
• Umweltgifte
• Impfungen
• Unfälle

Jetzt stellen sich schon Fragen wie:
  • Warum wird noch diskutiert und nicht (ausreichend) geforscht

  • (Nicht)Berücksichtigung von PostVAC bzw. Erkrankungen durch Impfschäden

  • Information an Ärzte zur Weiterbildung

  • Aufforderung an die Bundesländer - universitäre Strukturen und Anlaufstellen zu schaffen

  • Den Ärzten die Möglichkeit zu geben nicht mehr über F-Diagnosen (Psychisch) abzurechnen und entsprechende Abrechnungsmöglichkeiten bei den Krankenkassen zu schaffen (mehr Zeit für die Anamnese)

 

Zu beachten auch welches Ministerium kann überhaupt welche Forschung fördern - BMG und Ministerium für Bildung und Forschung

  • Hierzu ein aufschlussreicher Artikel von dem Journalisten Martin Rücker:

"Long COVID & der PR-Coup des Gesundheitsministers – und das hundert Millionen Euro Syndrom"

https://www.martin-ruecker.com/lauterbach-long-covid

Wie funktioniert PR – auch in der Gesundheitspolitik – eine aufschlussreiche Einordung im politischen Umgang mit Long Covid von Martin Rücker. (Von ME/CFS ganz zu schweigen)

…und wieder wird es im Herbst vielleicht einen „Runden Tisch“ geben zu Long Covid – ich könnte jetzt hier im Verlauf auf 2020 zurückgreifen (siehe oben) - und alles beginnt von vorne...es wird "darüber geredet"...anstatt "gehandelt" und "umgesetzt"


Denn – leider: Der Kampf geht weiter…in den Köpfen der Mediziner*innen auf dem Rücken der Betroffenen – wenn in einem Dokument (wie ja auch im IGWiG sich widersprechende Aussagen stehen – genauso wie in der Müdigkeitsleitlinie)

„Es empfiehlt sich, körperliche, geistige und emotionale Anstrengungen, die die Beschwerden verschlechtern, zu vermeiden. Trotzdem kann ein körperliches Aktivitätsprogramm helfen, den Erschöpfungszustand zu verbessern.“

Es steht aber auch im gleichen Dokument:

„Während körperliche Aktivität bei solchen Erschöpfungszuständen oft gut tut, ist beim chronischen Fatigue-Syndrom das Gegenteil der Fall.“

Das Tauziehen geht also weiterdas IGWig sieht sich übrigens als neutrale Instanz – so äußern sie sich zu den Behandlungsentscheidungen der Ärzteschaft: „In der Frage, wie dann die individuelle Entscheidung ausfällt, sind wir aber neutral.“

Siehe Brief an Millionsmissing Deutschland:

https://drive.google.com/file/d/1i3twI6szxQOWujV226AgjMoc5LOfkfJK/view

 

Also ist Wissenschaftlichkeit und Evidenzbasiertheit…doch „Verhandelbar“?

Und der Patient braucht „Glück“ wie er behandelt wird – medizinisch, wie menschlich?!

Und was wird jetzt mit den (nicht ganz sooo neuen) Erkenntnissen der letzten drei (!!) Jahre denn gemacht?!