Es ist noch...

 

Gedanken 2017

 

...Bewegtheit in mir?...Auch wenn ich keine Wege mehr selbstständig gehen kann?!

 

 

 

(Bild vor 2011 - mein Leben ohne ME)

 

Müde von den Ärzten - die mich für Antriebsgemindert halten, müde vom Erklären - ...als würde ich freiwillig liegen...in den Kliniken mache ich was sie sagen - ich laufe - ich stehe auf - ich breche zusammen...immerhin offiziell dokumentiert - und so rückwirkend berentet.

 

Inzwischen tue ich das nicht mehr

 

(Das war eine der vielen wichtigen Entscheidungen...von nun an versuche ich mich nur noch mit Menschen/Therapeuten zu umgeben die mir hilfreich scheinen - zu mir nach Hause kommen - mein Leben nicht in Frage stellen - die Abwägung dafür findet nur noch in mir selbst statt - mit meinem noch verbliebenen Menschenverstand und im Hinhorchen auf meinen Körper - denn er ist das Gefäß in dem ich lebe - er gibt die Regeln vor - er gibt sofort Rückmeldung was hilft und was nicht.) - In meinen vergangenen Berichten stand...dass ich zwar klar strukturiert sei - aber eine misstrauische Patientin - wenn wunderts - ich kann mit Reha-Erfahrung aufwarten - wer Betroffen ist, weiß was das heißt - Reha mit herkömmliche Klinikabläufen und cfs/ME, mcs passen nicht zusammen.... - zwar hat mich mein Menschenverstand nicht vor Allem bewahrt (bewahren können) aber doch vor einigem - und Vertrauen - trauen - kann ich nur meiner inneren Stimme und ihr werde ich folgen).

 

Trotzdem und natürlich bleibt die Sehnsucht - der Wunsch - die Hoffnung - das Bangen....die Fragen

 

 

 

...und ich...? 

 

Es ist als wart ich

Aber worauf

 

Dass das Leben vorbei zieht

Auf das große Los

 

Das ganz große Los

Der Brief der im Briefkasten liegt

„Sie haben gewonnen“

„Das ganz große Los“

 

„Sie dürfen wieder aufstehen“

„Und gehen wohin sie wollen“

 

„Sie dürfen wieder Menschen treffen“

„Singen – Lachen – Tanzen“

„Sie dürfen wieder teilhaben

an allem was für sie ist“

 

Dabei galoppiert mit jedem Jahr

Das Leben, mein Leben an mir vorbei

Es rast förmlich draußen

Und überholt sich selbst

 

Wie würde ich mich wieder finden

Im Draußen

Die alte Zeit ist vorbei

Das alte Ich auch

 

Die Isolation verändert

Das was in den Jahren war

hat vieles mitgenommen

 

Was würde ich tun

Als erstes

 

Ich würde Die Haustüre aufmachen

Rausgehen

Und laufen, laufen, laufen

 

selbst wenns (warmer) Regen ist

 

Nach rechts nach links

vor und nicht zurück

vor immer vor

 

Ich würd mich in eine Schlange beim Bäcker stellen

Und würde mir was Süßes kaufen

Ich fänds großartig

Einfach so in einer Schlange stehen

 

Ich würd meine Einkaufstasche selber tragen

Ich würde tieeeeeeeef Luft holen

 

Ich würde auf einer Mauer sitzen

Mit den Beinen schlenkern

Und würd mir genüsslich überlegen

Wohin ich jetzt geeeeeeeeehe

Morgen

Nächste Woche

 

Stattdessen liegt im Briefkasten der Behindertenbescheid (und nicht mal der...dauert Monate...kam der überhaupt irgendwo an?)

Die Pflegeinfo

Der Termin der Nachbarschaftshilfe (seufz)

Ich bin jetzt einige Jahre erkrankt

Mit 41 festgesetzt auf laufender Fahrt

Und ich brenne

Brenne

Innerlich

Lichterloh

 

 

 

 

Die Erkrankung bedeutet eine grundlegende Veränderung des Lebens

 

Mein Leben das so anders wurde - mich in so andere Rollen katapultierte...wochenlang in Krankenhäusern und immer das Gefühl...das passt nicht...das passt nicht was die Ärzte sagen...ihre Therapien tun mir nicht gut....ihre Medikamente will ich nicht...sie reden in Schablonen - aber nicht zu mir....eine Sanduhr, mitten im Leben angehalten - ........ich schreibe um zu verstehen....ich schreibe um etwas beizutragen....ich schreibe damit darüber gesprochen wird – ich schreibe damit etwas bleibt........einmal habe ich getanzt......und mein Geist sucht – es muss etwas sein im Leben – etwas das nichts mit Krankheit oder Gesundheit zu tun hat,....etwas – was unabhängig ist – etwas das bleibt – wenn anderes geht......ich versuche viel um meine jetzige Lebensqualität zu erhalten – aber zu viele Faktoren spielen eine Rolle.......im buddhistischen gibt es den Begriff Bardo......der Zustand in dem nicht mehr ist aber auch noch nicht........diesen Zustand – was passiert mit meinem Inneren....wie kann ich mich erhalten? Was tun gegen die Verflachung durch das Leben in Isolation? Was tun durch die ständige Überforderung und auch immer wieder starke Unterforderung...wie erhalte ich mein Gehirn, mein Herz lebendig?

 

 

Was trägt?

...und was wenn...

nichts mehr trägt.......

 

 

Ich lese: ..."es spielt keine Rolle was wir vom Leben erwarten. Wir müssen aufhören nach dem Sinn des Lebens zu fragen und müssen uns stattdessen als diejenigen betrachten, die vom Leben befragt werden - täglich und stündlich."

(Victor Frankl - Begründer der Existenzialistischen Psychologie)

 

...das spielt gegen die meisten psychologischen und spirituellen Richtungen....aber wer nur über die Vergänglichkeit meditiert hat - sie nicht erlebt hat - von dem kann ich nur bedingt lernen - wenn das Leben anders ist - als ich es mir wünschte - nicht nur jetzt - sondern vielleicht noch viele Jahre...dann befragt mich das Leben - und ich kann nichts anderes als täglich und stündlich meine Antwort zu geben....Die Erkrankung bringt es mit sich - dass es zu einer unglaublichen Konfrontation mit sich Selbst kommt - Wünsche, Sehnsüchte, alte und neue Schmerzkörper, Hoffnungen, Vorstellung von sinnhaftem Leben, ein gewisses Ausgeliefertsein an äußere Umstände, das Unverständnis - der Menschen "draußen" - ihre Ratschläge und Gedanken - für ein Leben das sie nicht kennen - ständig im Spagat zwischen Überforderung - und durch die totale Entschleunigung (die Unterforderung) die das Gehirn sehr irritiert - ein Verschieben des Zeitempfindens - eine Veränderung des Gedächtnisses und dadurch die Frage was ist eigentlich Identität? Die Entfremdung zu den Sorgen und Sehnsüchten der "gesunden" Menschen - das Auftauchen in guten Phasen - und der weite Abstieg in all den anderen Phasen...das kurze Betreten (wer das noch kann) der äußeren Bühne -.....

 

 

...aber das Leben befragt mich - und ich will ihm Antwort geben...täglich, stündlich........

 

manchmal und gerade auch dann....wenn da "Nichts" ist....

 

 

 

 

 

Blick auf den Sonnenuntergang an einem nahegelegenen See...liegend im Auto....den Weg zum See kann ich nicht zurücklegen - an diesem Tag weder mit noch ohne Rollstuhl....in der Wohnumgebung gibt es starken Baulärm....um weiteren körperlichen, wie kognitiven Abbau zu vermeiden...liege ich auf diesem Parkplatz - die angedachte Ferienwohnung für diesen Fall war nicht länger verträglich - die Sonne geht unter mit einem wunderschönen Lichtspiel - draußen am See die letzten Badegäste - drinnen im Auto auf einem Parkplatz photografiert eine Frau durchs geschlossene Fenster - diese Frau bin ich

 

- in einem anderen Universum -

 

 

Danke möchte ich sagen - an meinen Partner und meine Kinder - auch ihr Leben hat sich dadurch verändert und solange die Erkrankung nicht bekannt und anerkannt ist - ist es auch für die nahestehenden Menschen schwierig davon zu erzählen was es mit ihrem Leben macht!

 

 

Gedanken 2017